Stress – Ein Phänomen der heutigen Zeit ?
Wir leben heutzutage in einer stressigen Zeit. Ob im Alltag oder im Arbeitsleben, ,,Stress‘‘ ist ein häufig verwendetes Wort. Noch vor über 50 Jahren kannte kaum jemand Stress bzw. war die Bedeutung eine andere als heute. Erst in den 40er Jahren definierte der Arzt und Biochemiker Hans Seyle, Stress im humanmedizinischen Kontext, als Auswirkung von Belastung auf den lebenden Körper. Man bemerkte, dass diese Auswirkungen, in Form von physischen und psychischen Veränderungen, langfristig negativen Einfluss auf die Gesundheit haben und fing an die Entstehung von Stress und seine Folgen intensiver zu erforschen. In der heutigen, westlich geprägten, Leistungsgesellschaft, zählt Stress zu den größten Risikofaktoren für die Gesundheit. Doch was löst in uns Stress aus und was passiert mit unserem Körper, wenn wir gestresst sind? [1]
Was uns stresst sind sogenannte Stressoren. Stressoren sind alle Anforderungen, Bedingungen und Bedrohungen, die eine Stressreaktion in unserem Körper auslösen.
Es gibt physische Stressoren, die von außen auf uns einwirken, wie Lärm, Hitze oder Kälte. Sie können ihren Ursprung aber auch in unserem eigenen Körper haben und äußern sich als Hunger, Durst oder Schmerzen.
Hinzu kommen soziale Stressoren, wie zwischenmenschliche Konflikte oder Konkurrenzkämpfe.
Zudem gibt es psychische Stressoren, wie Anforderungen, denen wir uns nicht gewachsen fühlen, oder bei denen wir uns nicht sicher sind ob wir sie bewältigen können.
Grundsätzlich wird aus einer Anforderung ein Stressor, sobald eine Diskrepanz zwischen der Anforderung und unseren Bewältigungskompetenzen besteht. Eine gesunde Selbsteinschätzung ist hierbei von Vorteil, da es unnötigen Stress auslöst, wenn man die Anforderungen überschätzt und die eigene Kompetenz unterschätzt. Je bedeutsamer die Erfüllung einer Anforderung ist, desto intensiver wird dabei das Stresserleben für uns. Auch neue oder intransparente Anforderungen, sind typische Stressoren. [2]
Sobald ein Stressor auf uns einwirkt passieren eine Reihe körperlicher Veränderungen in uns. Unter anderem wird unsere Muskelspannung erhöht, der Herzschlag und unsere Atmung verschnellern sich. Regenerative und reproduktive Körperfunktionen, wie Verdauung, Energiespeicherung und Sexualität werden gehemmt. Dadurch wird unsere Energie mobilisiert und wir werden in kürzester Zeit in Handlungsbereitschaft versetzt. Ursprünglich dienten diese Mechanismen dem Menschen dazu in einer Gefahrensituation schnellstmöglich bereit zum Kampf oder zur Flucht zu sein. Dabei handelt es sich um die natürliche Stressreaktion, die uns kurzfristig leistungsfähiger macht und in vergangenen Zeiten unser Überleben gesichert hat. Sie war sogar ein entscheidender Vorteil des Menschen, da individuell auf Gefahrensituationen reagiert werden kann und nicht bloß instinktiv. [1]
Die kurzfristige Stressreaktion stellt für uns keine Gesundheitsgefährdung da. Zunächst wirkt sich Stress positiv auf uns aus. Wir brauchen sogar ein gewisses Maß an Stress, um überhaupt leistungsfähig zu sein. Deshalb ist Stress nicht grundsätzlich schlecht. Ideal ist es, wenn die Anforderungen an uns und unsere Fähigkeiten im Einklang miteinander sind bzw. es sogar zu einer leichten Überforderung gegenüber unseren Fähigkeiten kommt. So kann ein Flow-Zustand entstehen und man erlebt Freude bei der Bewältigung von Herausforderungen. Gar kein Stress fördert Langeweile und Müdigkeit. Dagegen führt zu viel Stress ebenfalls zum Leistungsabfall. Durch immer wiederkehrende Stressoren und der langfristigen Aufrechterhaltung der Stressreaktion, entsteht ein Erschöpfungszustand, der negative Auswirkungen auf die Gesundheit hat. Die Stressreaktion sollte also nicht zu einem Dauerzustand werden. [2]
Dauerstress führt zu Hektik, Nervosität und Konzentrationsschwäche. Gravierender sind allerdings die gesundheitlichen Folgen. Es kann zu Bluthochdruck kommen, wodurch Herz und Gefäße stark beansprucht und geschädigt werden können. Zudem steigt das Diabetesrisiko und Rücken- sowie Kopfschmerzen nehmen zu. Das Immunsystem arbeitet nicht richtig und die Infektionsneigung wird erhöht. Zudem kann es aufgrund von Dauerstress zu Impotenz und Tinnitus kommen. Chinesische Wissenschaftler haben erst in diesem Jahr, in einer Studie mit 281.290 Teilnehmern, den Zusammenhang zwischen Dauerstress und der Entstehung bestimmter Krebsarten untersucht. Dabei erkannte man, dass für Menschen, die regelmäßig hohem Arbeitsstress ausgesetzt waren, ein 17% höheres Risiko besteht an bestimmten Krebsarten zu erkranken als Menschen, die keinem ständigen Stress ausgesetzt waren. [3]
Aus diesem Grund ist es wichtig Dauerstress zu erkennen und die eigenen Stressbewältigungskompetenzen zu fördern. Dabei gibt es kein Patentrezept, sondern viele individuelle Möglichkeiten, um gesund mit stressigen Episoden umzugehen. Grundsätzlich sollte man mit ausreichend Bewegung und aktiver Entspannung einen Ausgleich schaffen. Ebenso sorgt eine ausgewogene Ernährung für den nötigen physischen Rückhalt beim Einwirken von Stressoren.
1 Kaluza, Gert (2018): Gelassen und sicher im Stress. Das Stresskompetenz-Buch: Stress erkennen, verstehen, bewältigen. 7. Aufl. 2018. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg. Online verfügbar unter http://dx.doi.org/10.1007/978-3-662-55986-4.
2 Litzcke, Sven Max; Schuh, Horst (2010): Stress, Mobbing und Burn-out am Arbeitsplatz. Mit 3 Tab. 5., aktualisierte Auflage. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag Berlin Heidelberg. Online verfügbar unter http://dx.doi.org/10.1007/978-3-642-05232-3.
3 Starostzik, Christine (2019): Fördert Dauerstress im Job das Krebsrisiko? In: CME 16 (1-2), S. 31. DOI: 10.1007/s11298-019-6980-6.